Anlässlich der am Sonntag, den 02.03.2025, stattfindenden Wahl zur Hamburgischen Bürgerschaft hat die Fanhilfe Nordtribüne den Parteien in Form von Wahlprüfsteinen einen Fragenkatalog zu Fanrechten zukommen lassen. Die Antworten präsentieren wir hier in zusammengefasster Form und stellen zusätzlich die uns zugesandten Originaldokumente zur Verfügung.
Wahlprüfsteine sind Anfragen von Interessensverbänden an Parteien vor Wahlen und die entsprechenden Antworten, die den Wähler*innen Orientierung geben sollen. In Hamburg haben sich SPD, GRÜNE, CDU, DIE LINKE und FDP auf ein gemeinsames Verfahren geeinigt. Wir haben in diesem Rahmen allen fünf Parteien unsere acht Fragen übersandt. Die CDU und die FDP haben uns trotz mehrmaliger Nachfragen leider nicht geantwortet.
Die Fragen adressieren verschiedene Themen rund um Fanrechte, die Fußballfans in Hamburg teilweise schon länger beschäftigen. Wir wollen mit der Präsentation dieser Wahlprüfsteine allen HSV-Fans und interessierten Wähler*innen in Hamburg eine Informationsbasis zu den Positionen der Parteien zu ausgewählten Fanrechten anbieten.
Wir wollen hiermit ausdrücklich keine Wahlempfehlung abgeben und sind uns bewusst, dass eine Wahlentscheidung nicht nur von Positionen zu Fanrechten beeinflusst wird. Wir appellieren aber dazu, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen! HSV-Fans sollten bedenken, dass am Sonntag ein Auswärtsspiel in Paderborn ansteht und die Briefwahl bis Freitag auch direkt in der zuständigen Wahldienststelle möglich ist.
Fanhilfe Nordtribüne
im Februar 2025
Originaldokumente:
Zusammenfassungen der Antworten
Fanrechte allgemein
Viele Fußballfans haben zuletzt den Eindruck gewonnen, dass ihre Fan- und Bürgerrechte immer stärker eingeschränkt werden. Warum sollten Fußballfans Ihre Partei wählen? Sieht Ihre Partei einen Bedarf für zusätzliche präventive oder repressive Maßnahmen im Zusammenhang mit Fußballspielen in Hamburg?
DIE LINKE möchte sich für eine starke Fankultur, die Abrüstung der Polizei bei deren Begleitung und zudem für ein Modellprojekt zum legalen Einsatz von Pyrotechnik in Stadien und bei Fanmärschen einsetzen. Die SPD möchte die Arbeit der Fanprojekte weiter unterstützen und stärken. Befürwortet werden auch bauliche Maßnahmen, die zu einer höheren Sicherheit im Stadion beitragen. Die GRÜNEN sprechen sich für mehr Transparenz, unabhängige Fanprojekte und den Schutz von Betroffenenrechten aus. Prävention habe für sie Vorrang.
Zentrale Stadionverbotskommission
Im Oktober 2024 haben die Innen- und Sportminister*innen der Bundesländer mit DFB und DFL u.a. eine zentrale, von den Vereinen unabhängige Stadionverbotskommission angekündigt. Wie bewertet Ihre Partei die bisher gängige Praxis der Stadionverbotsvergabe und wie sieht sie diese in der Zukunft?
Die GRÜNEN begrüßen die Initiative zur Einrichtung einer zentralen, unabhängigen Stadionverbotskommission. Auch die SPD unterstützt die Idee einer zentralen Stelle, die Stadionverbote bearbeitet und verhängen kann. DIE LINKE möchte den Erlass von Stadionverboten auch weiterhin den Vereinen überlassen, und zwar unter enger Einbeziehung der Fanvertretungen und Fanprojekte.
Polizeikosten
Im September 2024 hat sich die Hamburgische Bürgerschaft für die Beteiligung von Fußballvereinen an den Polizeikosten ausgesprochen. Wie steht Ihre Partei zu diesem Vorhaben?
Die GRÜNEN sprechen sich für die Beteiligung von Profifußballvereine an den Kosten für die Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen nach einem bundesweiten System aus. Die SPD sieht dies nur als letzte Konsequenz an und möchte, dass DFL und Vereine ihre Bemühungen für mehr Sicherheit in Stadion und Fanszene verstärken. Die LINKE betrachtet die Übertragung der Kosten für Polizeieinsätze auf die Vereine und die DFL als einen Schritt hin zur Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge und lehnt dies aus grundsätzlichen Überlegungen ab.
Unabhängige Beschwerdestelle/Polizeibeauftragter
Welche Vorstellungen vertritt Ihre Partei hinsichtlich einer unabhängigen Beschwerdestelle für Betroffene von Polizeigewalt und hinsichtlich der Einführung eines Polizeibeauftragen, wie es ihn im Bund und in anderen Bundesländern bereits gibt?
Die SPD hält anders als im Bund für den Stadtstaat Hamburg einen Polizeibeauftragten nicht für notwendig. Die LINKE setzt sich für eine unabhängige Polizeibeschwerdestelle mit eigener Ermittlungskompetenz ein. Die GRÜNEN bewerten die aktuelle Beschwerdestelle als einen erfolgreichen Schritt zur Aufarbeitung von Konflikten mit der Polizei.
Drohnen
Im Jahr 2024 wurden bei Fußballspielen im Volksparkstadion erstmals Polizeidrohnen eingesetzt. Wie bewertet Ihre Partei dieses Einsatzmittel und seinen Nutzen bei Fußballspielen?
Die SPD befürwortet den Einsatz von sogenannten Polizeidrohnen. Die GRÜNEN stehen dem Einsatz von Polizeidrohnen grundsätzlich positiv gegenüber, wenn diese in klar definierten und zielgerichteten Bereichen zum Einsatz kommen. Die LINKE sieht im Einsatz von Polizeidrohnen eine große Gefahr für die Grundrechte der Betroffenen und setzt sich für eine strenge Regulierung von polizeilichen Drohneneinsätzen ein.
Kennzeichnungspflicht
2021 wurde die Regelung zur Kennzeichnungspflicht von geschlossenen Einheiten der Landesbereitschaftspolizei entfristet. Wie bewertet Ihre Partei diese Kennzeichnungspflicht und sieht sie Bedarf, Regelungslücken zu schließen (z.B. im Hinblick auf Alarmhunderschaften und Hundeführer*innen)?
Alle Parteien betonen, dass sich die eingeführte Kennzeichnungspflicht bewährt hat. Die LINKE möchte sich dafür einsetzten, dass alle Hamburger Polizist*innen unabhängig von Einsatzart oder -anlass ohne Ausnahme individuell gekennzeichnet sein müssen. Die SPD verfolgt aktuell keine weiteren Änderungen. Für die GRÜNEN ist eine Ausweitung der Kennzeichnungspflicht denkbar, um die Identifizierbarkeit auch in anderen Einsatzkontexten zu gewährleisten.
Pfefferspray
Es hat sich in der Vergangenheit mehrfach gezeigt, dass der Einsatz von Pfefferspray durch die Polizei in einem vollbesetzen Fußballstadion zu einer erheblichen Anzahl an Verletzen führt. Wie steht Ihre Partei zu einem Verbot des Einsatzes von Pfefferspray in Fußballstadien?
Nach Einschätzung der SPD sind die bestehenden Regelungen abschließend sowie ausreichend und die Forderung nach einem generellen Verbot nicht zielführend. Die GRÜNEN sind der Ansicht, dass der Einsatz von Reizgas in und um Stadien grundsätzlich vermieden werden sollte, es jedoch als milderes Mittel im Vergleich zu anderen Formen des unmittelbaren Zwang in bestimmten Situationen gerechtfertigt sein könne. Die LINKE hält Pfefferspray für kein geeignetes Einsatzmittel in Stadien und Fanblöcken.
Datenbanken über Fußballfans
2016 musste in Hamburg die bis dahin geheime Datenbank über Fußballfans (Datei „Gruppen- und Szenegewalt“) gelöscht werden. Wie bewertet Ihre Partei generell Datenbanken über Fußballfans, insbesondere vor dem Hintergrund des jüngsten BVerfG-Urteil zur Datei „Gewalttäter Sport“?
Die LINKE lehnt die polizeilichen Dateien „Gewalttäter Sport“ und die Hamburger Datei „Sportgewalt“ entschieden ab, da sie in erster Linie der Stigmatisierung und Kriminalisierung von Fußballfans dienen. Die SPD bewertet diese Dateien als eine zentrale Voraussetzung für die effektive Bearbeitung von Sportgewalt und kündigt an nachzuarbeiten, sollten die Rechtsgrundlagen im neuen Polizeidatenverarbeitungsgesetz einer Überprüfung nicht standhalten. Die GRÜNEN wollen einer vermehrten Erfassung von Fußballfans, die nicht die Definition eines „Gewalttäters im Sport“ erfüllen, mit einer Reform der Datei entgegenwirken.