Quo Vadis – Vergessen wir nicht, was wir gelernt haben

8. September 2025

Moin HSV-Fans, 

der HSV spielt wieder Bundesliga. Sieben Jahre haben wir darauf gewartet – sieben Jahre, in denen unser Verein abseits des Rasens Fortschritte machte: in der Außendarstellung, im Umgang mit seinen Fans und Mitgliedern, in seiner Struktur. „Wir kommen als ein anderer HSV zurück“, kündigte Vorstand Eric Huwer an und versprach auf der letzten Mitgliederversammlung Demut. Doch seitdem sprechen die Taten der Verantwortlichen eine andere Sprache. Trikots ohne Vereinsbezug, Businessclubs, fragwürdige Sponsorings, hohe Ticketpreise. Von Bodenständigkeit, Gemeinschaftssinn und Identifikation ist wenig zu spüren. 

Bereits vergangene Saison eskalierte der Ärger um Eintrittspreise (https://nordtribuene-hamburg.de/statement-zur-aktuellen-ticketpreis-debatte/). Die Fanszene verzichtete bewusst auf weitere Maßnahmen und lieferte einen Katalog für bezahlbaren Fußball. Auf der Vereinswebsite gelobte man „keinen pauschalen Erstliga-Aufschlag“, eine „transparente und faire Preissystematik“ mit fünf Spielkategorien A–E und einer Obergrenze von 89 € (https://www.hsv.de/news/klare-prinzipien-zaehlen-mehr-als-kurzfristiger-gewinn).

Wir stellen fest: die Heimspiele werden je nach tabellarischer Konstellation kurzfristig einer Kategorie zugeordnet; Preiszerstückelung einzelner Blöcke mit einer Preiskategorie A+ beim Derby und damit: tschüss, 89-Euro-Grenze. Die Versprechungen schmelzen im Shop wie unser Kontostand dahin. Das einzig klare Prinzip der Fußball-AG ist die dauerhafte Gier, uns Fans mit all ihren Methoden finanziell auszunehmen.  

Der Verein vergisst, dass es gerade die Fans und Mitglieder waren, allen voran die aktive Fanszene, welche die Zweitliga-Tristesse mit eigener Kraft durchgestanden haben und mit Stimmung auf den Rängen dafür sorgten, dass sich der Volkspark wieder füllte. Demut? Wir erinnern uns noch genau als der HSV in den letzten Erstliga-Jahren vor 41.000 Zuschauern gegen Frankfurt oder 44.000 gegen Hertha spielte. 

Zeit, dass die Fans deutlichere Signale senden müssen, damit der Verein sich zu sozialen Ticketpreisen bekennt! 

Unsere Sorge: Wir machen die gleichen Fehler wie vor dem Abstieg. Der Verein hebt ab – und riskiert den Absturz. Wer Champions-League-Preise verlangt, darf sich nicht wundern, wenn die Fans pfeifen, sobald auf dem Platz nicht Champions-League-Fußball geboten wird. Wer seine Identität verwässert und die Nähe zu den Menschen verliert, die den HSV ausmachen, verliert das Fundament. Dann bleiben am Ende nur noch Eventgäste und Businesskontakte. Die Folge: Unruhe. In einer Saison, in der Zusammenhalt entscheidend ist, werden Konflikte geschürt. Dabei hat der HSV seine größten Krisen stets durch Fanunterstützung und Verwurzelung in Hamburg überstanden. Diese Werte müssen auch in der Bundesliga gelten. 

Die Mitgliederversammlung im Sommer war ein wichtiger Moment. Wir begrüßen die Vorauswahl des Beirats und blicken gespannt auf die Arbeit der Gewählten. Themen waren u. a. Trikotfarben, der Supporters Trust, mehr Diversität sowie die Gründung einer Arbeitsgruppe Finanzordnung. Besonders erfreulich: das klare Bekenntnis zu unseren Stadt- und Vereinsfarben. Der Beschluss gilt auch mit Empfehlungscharakter für die AG. Wir fordern, dass die Verantwortlichen die Satzung des e.V. wahren und aufhören, kommerzielle Zwecke voranzustellen. Dass das Marketing der Fußball-AG diese Identität weiter ignoriert, zeigen die aktuellen Trikots mit abgeändertem Wappen und grellen Farben. Erste Antworten aus der Kurve gab es beim Pokalspiel in Pirmasens – und es werden weitere folgen. 

Positiv werten wir die Zustimmung zur Gründung eines Supporters Trusts. Mitglieder können sich finanziell beteiligen und echte Mitbestimmung sichern. Ebenso zukunftsweisend: der Antrag zur geschlechterdiversen Gremienbesetzung. Vielfalt und Gleichberechtigung werden so strukturell gefördert – ohne Bürokratiemonster und ohne Quoten-Debatten. Überfällig ist zudem eine rechtssichere Finanzordnung. Noch immer ist nicht transparent, wie Mitgliedsbeiträge verteilt und zwischen e.V. und Fußball-AG verschoben werden. 

Besonders hervorzuheben ist dabei, dass erst der offene Dialog mit den Mitgliedern sowie die durchdachte und vielfältige Besetzung der zuständigen Arbeitsgruppe zur positiven Zustimmung des Supporters Trust geführt haben. Die ursprüngliche Entwurfsfassung der vorherigen Mitgliederversammlung war deutlich zu unausgereift und hätte in dieser Form weder den Ansprüchen an Mitbestimmung noch der Realität im Vereinsleben genügt. Erst durch intensive Diskussionen, konstruktive Kritik und echte Beteiligung entstand eine Lösung, die tragfähig und richtungsweisend ist. Dieses Beispiel unterstreicht, wie notwendig und produktiv echter Austausch im Verein ist – wenn er ernsthaft gewollt ist. 

Kritisch sehen wir dagegen den Anteilstausch zwischen Kühne und der Sparda-Bank sowie den verlängerten Vertrag mit Shell und die neue Partnerschaft mit Bet365. Alle drei widersprechen den zuvor aufgestellten Leitplanken. Statt Werte zu wahren, erleben wir Greenwashing und den Einzug klassischer Finanzinvestoren. Versicherungen, Banken, Ölkonzerne – die Fahnen des Vereins wehen wieder in Richtung kommerzieller Ausschlachtung. Der neue Business Club unterstreicht dies: Exklusivität, Mallorca-Reisen, Netzwerke für B2B. Das mag Einnahmen sichern, doch es entfernt den HSV von seiner Basis. Zum Thema Sponsoren werden wir bei Gelegenheit auch noch einmal gesondert ausholen. 

Im Zuge des HSV-Aufstiegs stellte die Stadt Hamburg neue Olympia-Pläne vor – unter anderem mit dem Bau eines neuen Volksparkstadions. Eine Positionierung des HSV zu oder gegen Olympia darf nur durch ein Mitgliedervotum erfolgen. Dass sich der Finanzvorstand öffentlich auf dieser Veranstaltung mit Olympia-Befürwortern zeigt, ist unangemessen und erweckt den Eindruck, der HSV unterstütze das Projekt – ohne Legitimation durch seine Mitglieder. 

Besonders problematisch ist, dass offenbar im Hintergrund über ein neues Stadion gesprochen wird, während offiziell noch Jubiläumsfeierlichkeiten für das bestehende geplant sind. Eine Richtigstellung durch den Vorstand bleibt trotz klarer Aufforderungen aus. Ein neues Stadion betrifft die Identität des Vereins und darf nur im offenen Dialog mit den Mitgliedern entschieden werden, statt im Zusammenspiel mit unsouveränen Senatoren auf der Suche nach einem eigenen Denkmal. Schweigen oder taktisches Vorgehen wird unweigerlich auf Widerstand stoßen. Der Vorstand ist dringend gefordert, öffentlich Stellung zu beziehen. Auch hier werden wir euch zeitnah weiter informieren und Maßnahmen ergreifen. 

Ja, unser Verein hat sportlich und finanziell Fortschritte gemacht. Doch Identität, Bodenhaftung, Kultur und die Fans sind kein Beiwerk, sondern sein Kern. Vorstand und Aufsichtsrat stehen in der Verantwortung, den Spagat zu meistern: wirtschaftliche Gesundung und sportlichen Erfolg sichern, ohne die Werte und die Menschen zu vergessen, die den HSV tragen. 

Deshalb fordern wir: Es muss sich jetzt etwas bewegen. Wenn der Vorstand aktuell nicht in der Lage ist, diese Aufgabe glaubwürdig und im Sinne der Mitgliedschaft zu erfüllen, dann muss er bereit sein, sich Unterstützung zu holen und diese auch anzunehmen. 

Förderkreis Nordtribüne
Im September 2025 

Cookie Consent mit Real Cookie Banner