Statement des Netzwerkes Erinnerungsarbeit über die Partei „Der III. Weg“

25. Januar 2021

Nachfolgend dokumentieren wir das Statement des Netzwerkes Erinnerungsarbeit zu der Interviewreihe der rechtsextremistischen Kleinpartei „Der III. Weg“.

„Stimmen der Kurve“? – Nazi-Propaganda bleibt Nazi-Propaganda

Seit Mitte Oktober veröffentlicht die neonazistische Partei „Der III. Weg“ auf ihrer Homepage eine Interviewreihe mit dem Titel „Stimmen der Kurve“. In dieser Reihe interviewt die Partei (vermeintliche) Personen aus unterschiedlichen Fußballfanszenen zur Situation in ihrer jeweiligen Szene und zu ihren persönlichen Einschätzungen über rechte Einflussnahme im Fußball. Nachdem bisher Interviews mit Personen aus Bremen, Magdeburg, Stuttgart, Kaiserslautern, Braunschweig, Halle, Berlin, Magdeburg, Chemnitz und von Dynamo Kiew veröffentlicht wurden, lud die Neonazi-Partei am letzten Freitag (22.01.2021) ein Interview über die HSV-Fanszene hoch. Wie in allen bisherigen Interviews beklagt sich der interviewte „Frank“ unter anderem über das Zurückdrängen rechter Strukturen in seiner Szene. Wir wollen diesen Versuch einer rechten Organisation, im Fußball Fuß zu fassen und dabei unseren HSV für ihre Zwecke zu missbrauchen, nicht unkommentiert lassen und diese Interviewreihe als das benennen, was es ist: Nazi-Propaganda.

Die Partei „Der III. Weg“ gründete sich im September 2018 in Süddeutschland. An der Gründung waren vor allem ehemalige NPD-Funktionäre sowie Teile des ein Jahr später verbotenen „Freies Netz Süd“, einem Netzwerk von freien Kameradschaften in Bayern, beteiligt. Die Partei ist bisher vor allem in Süd- und Ostdeutschland aktiv. Die Mitglieder verstehen sich selbst mehr als militante Nazi-Elite, denn als Nazi-Partei, die möglichst viele Mitglieder und Stimmen von Wähler:innen gewinnen will. Ihre Positionen sind rassistisch, völkisch und antisemitisch. Die parteiinterne „Arbeitsgruppe Körper & Geist“ bietet vor allem Kampfsporttrainings an. Bisher konnte „Der III. Weg“ in Hamburg noch nicht Fuß fassen, auch wenn es sicherlich in Zukunft Versuche geben wird, die Strukturen auch auf Norddeutschland auszuweiten. Hier gilt es wachsam zu sein und diese Handlungsspielräume immer und überall möglichst klein zu halten.

Nachdem der bayerische Fußballverein Türkgücü München 2019 in die dritte Liga aufstieg, gab es gegen den Verein immer wieder Proteste von rechts. Vor allem „Der III. Weg“ positionierte sich mit seiner „Türkgücü München nicht willkommen“-Kampagne und etlichen Aufklebern sowie dem Zeigen von Bannern in Städten, in denen Türkgücü danach gespielt hat, deutlich. So scheint der Aufstieg von Türkgücü München für die Neonazi-Partei Anstoß gewesen zu sein, sich vermehrt mit dem Thema Fußball auseinanderzusetzen. Dabei gehen sie der Frage nach, ob die von rechts bisher propagierte Aussage „Fußball ist Fußball und Politik bleibt Politik“ überholt sei und sie fordern, „den Kampf um die Kurven“ zu führen. Auch wenn in vielen Fußballstandorten rechte Akteur:innen immer weniger offensiv auftreten können, sind deren Netzwerke im Fußball bis heute aktiv und reaktivierbar. Dies haben Demonstrationen wie HoGeSa in Köln im Oktober 2015, die Ausschreitungen in Chemnitz im August 2018 oder die Corona-Proteste wie im November 2020 in Leipzig deutlich gezeigt.

Wie ist die rechte Einflussnahme beim HSV einzuschätzen? Unsere Fanszene war in den 1980/1990er Jahren stark von rechtsoffenen bis rechten Positionen geprägt. Rassistische und antisemitische Äußerungen waren normal. Im Jahr 1985 waren rechte HSV-Fans an den Morden an Mehmet Kaymakcı (erschlagen in der Nacht vom 24. Juli zum 25. Juli in Hamburg-Langenhorn) und Ramazan Avcı (angegriffen am 21.12. in Hamburg-Eilbek, drei Tage später im Krankenhaus gestorben) beteiligt. Diese Morde sind in unserer Fanszene bis heute nicht aufgearbeitet worden. Trotzdem gibt es positive Veränderungen festzustellen: Immer mehr Gruppen und Fans positionierten sich gegen rechts und setzen sich für einen Fußball ein, der offen für alle ist, egal wo man herkommt, wen man liebt oder wie man aussieht. Allerdings sind die Nordtribüne und unser Verein groß und klar ist auch, dass es dort weiterhin Leute gibt, die rassistische oder anders diskriminierende Positionen teilen. Deswegen gilt es für alle HSV-Fans weiterhin wachsam zu sein – gerade auch in Zeiten geschlossener Stadien – und uns gegen solche plumpen Versuche, den Fußball und unseren HSV für rechte Propaganda zu missbrauchen, zu wehren.

Wir, der Förderkreis Nordtribüne e.V., stehen voll und ganz hinter dem Statement des Netzwerkes Erinnerungsarbeit. Auf unserer Tribüne ist kein Platz für rechtes Gedankengut!

Für eine bunte, laute und vielfältige Nordtribüne!

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